RHEINE. „Ist Luisa hier?“ Auf diese Frage wird es in der Emsstadt schon bald eine Antwort geben. Denn das Lokal „Yessss… Music“ auf dem Thie beteiligt sich als erste Gaststätte Rheines an der Kampagne. Am Montagabend besuchte das gesamte Team des Clubs eine Schulung rund ums Thema sexualisierte Gewalt. So wollen die Servicekräfte schon bald Hilfe für Besucherinnen anbieten, die Opfer von solchen Übergriffen werden. Denn die Kampagne „Luisa ist hier“ macht sich stark für Frauen (MV berichtete). Das Konzept der Kampagne, die einst in Münster ihren Beginn nahm und nun auch in Rheine Fuß fassen soll (MV berichtete), ist schnell erklärt. Frauen, die in gastronomischen Betrieben sexuelle Übergriffe erleben oder sich sonstwie bedroht fühlen, können an der Theke fragen: „Ist Luisa hier?“ Die Frage funktioniert wie ein Code, und das geschulte Personal weiß sofort Bescheid. Die Angestellten können die Frau dann aus der Situation befreien und ihr helfen, sicher nach Hause zu gelangen.
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit – könnte man meinen. Doch Ria Mester und Agnes Denkler, Expertinnen der Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt, widersprechen. „Das Thema ist für viele Frauen, die Belästigungen oder sogar noch schlimmere Übergriffe erleben, mit viel Scham behaftet“, sagte Mester am Montag im Kreis der „Yessss“-Fachkräfte. Darum sei es wichtig, mithilfe der Kampagne zu signalisieren: „Wir kennen das Problem und wir helfen dir, wenn du Hilfe brauchst.“ Im Rahmen der Schulung sensibilisierte Mester die zwölf Teammitglieder hinsichtlich sexualisierter Gewalt und erläuterte, wie sich die Mitarbeiter im Ernstfall verhalten sollten (siehe Info-Kasten). Dabei machte sie auch klar, dass womöglich nur wenige Frauen das Angebot wahrnehmen werden: „Es geht vielmehr um eine Aufmerksamkeitskampagne“, stellte sie klar. Das Thema sei wichtig und müsse immer wieder in den Fokus gerückt werden. „Es geht auch darum, Sicherheit zu vermitteln. Wenn die Frauen wissen, dass das Personal anerkennt, dass solche Dinge auch in ihrem Lokal passieren – dann trauen sie sich womöglich eher, um Hilfe zu bitten.“
Dass sexuelle Übergriffe auch in seinem Haus passieren – dazu steht Martin Kaiser, Betreiber des „Yessss“. „Es fließt Alkohol, es ist Nacht, alle stehen eng gedrängt. Da bleibt das nicht aus. Das ist leider in jeder Kneipe und jedem Club der Fall“, sagte er am Montag. „Wer das nicht wahrhaben will, der verschließt die Augen.“ Deswegen sei es, betonte er, Aufgabe der Wirte, für einen sicheren Rahmen zu sorgen und Täter sofort des Lokals zu verweisen. Und deswegen sei es ihm ein Anliegen, die „Luisa“-Kampagne zu etablieren. In der Diskussion mit Mester und Denkler meldeten sich auch die Service-Angestellten zu Wort. Schnell wurde klar: Sie alle begrüßen die Kampagne. „Jede Kellnerin kennt das“, betonten die jungen Frauen, die hier im Team arbeiten. „Manche Gäste ziehen uns mit den Blicken aus, andere drängen sich extra dicht vorbei, sodass sie uns berühren.“ Das sei zum Teil „widerlich“ – doch man könne sich wehren oder sich an den Chef wenden, „das ist hier bei uns kein Problem, dann werden diese Störenfriede sofort rausgeschmissen“. Sie gaben zu bedenken, dass solche Situationen für Gäste problematisch sein können: „Nicht jede Frau kann sich so durchsetzen. Deswegen müssen wir Hilfe anbieten.“
Das Ziel des Teams: Auch alleinstehende Frauen sollen nachts, egal zu welcher Uhrzeit, unbefangen in dieser Stadt feiern können – ohne Angst. Einen Schritt in diese Richtung hat das Lokal getan, indem es sich an der Kampagne gegen sexualisierte Gewalt beteiligt. Die Mitarbeiter haben Leitfäden erhalten; in den kommenden Tagen werden im ganzen Club Plakate und Sticker angebracht. Und auch andere Gastronomen beginnen nun, aktiv zu werden, wie Mester zuletzt berichtete: Das „Köpi“-Team wird im Januar ebenfalls geschult – „und bald folgen hoffentlich noch mehr“.